Er begeht in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum als freier und bildender Künstler: Ole Ohlendorff zeigt vom 03. Februar bis 27. März in der IHK Lüneburg eine Retrospektive seiner Arbeiten – eine Werkschau mit Rück- und Ausblicken
Das zweite „F“ am Ende seines Namens hatte ihm ein eifriger Journalist verliehen, der unbeirrbar an diesem festhielt. Also „gönnte“ Ole Ohlendorff sich die Buchstabendopplung und erkor sie zum Künstlernamen – der Lyriker Joseph von Eichendorff und der Künstler Jörg Immendorff nannten diese schließlich ebenfalls ihr Eigen. Und der Name Ole? Auch so eine Verballhornung des Nachnamens aus Kindertagen, der zum lebenslangen Spitznamen wurde – vielleicht, weil „Andreas“ für diesen Freigeist und Querdenker so Manchem dann doch etwas zu unauffällig erschien. Ein Kunst-, ein Künstlername also, hinter dem sich einer verbirgt, der sich gar nicht verbergen will, der sein Herz auf der Zunge trägt und über den Mut verfügt, der Welt zu zeigen, wer er ist. Für Ohlendorff ist die Kunst sein Sprachrohr, über das sich mit den Dämonen der Vergangenheit umgehen lässt, ein Vehikel für die Darstellung von Gedanken, von Träumen und seiner großen Liebe zur Musik.
Auf ein Vierteljahrhundert als freischaffender Künstler blickt er in diesem Jahr zurück, sein zweites Leben sozusagen, nachdem er in den 80ern den Dienst als paragraphengetreuer Ordnungshüter bei der Hamburger Davidwache quittierte, sich einige Jahre durch das Leben und die Welt treiben ließ – und dabei manchmal auch den Abgründen gefährlich nahe kam. Lüneburg wurde zur Wiege seines malerischen Werdegangs. In einer Dachwohnung am Stint griff er Mitte der 1980er Jahre zu Bleistift und Skizzenblock und legte aus dem Stand ein Paar Zeichnungen aufs Papier, deren Qualität andere erst nach langjährigem Studium erreichen. Proportionen, Physiognomien, Perspektive, Licht-Schatten-Verhältnisse, realistische Darstellung – alles da, was es brauchte, um den Start in das Abenteuer Malerei zu wagen. „Diese Begabung schlummerte wohl in mir“, sagt Ohlendorff rückblickend, und irgendwann wollte sie raus.“ Erst war es das Zeichnen mit Bleistift – fotorealistische Momentaufnahmen der motorradfahrenden Subkultur, echte Kerle mit ihren Maschinen, hinter deren Fassaden immer auch der weiche Kern hervorblitzt.
LÄNGST IST ER MIT DEM KULTURPREIS DES LANDKREISES HARBURG AUSGEZEICHNET WORDEN, IST IN RENOMMIERTEN GALERIEN UND MUSEEN VERTRETEN.
Ole Ohlendorffs Stärken sind seine Neugierde, vor allem aber der Mut beim Betreten neuen Terrains – im Leben wie in der Kunst. Als die Farbe in seinen Bildern Einzug hielt, geschah auch dies wieder autodidaktisch; die Ölfarbe wird sein Medium. Es entstehen erste Traumbilder, die eine surreale Realität wiedergeben und Biografisches. Und immer ist es der Mensch, der im Fokus steht.
Und so, wie alles zu dem gebürtigen Winsener von selbst zu kommen scheint, so waren irgendwann auch die „Dead Rockheads“ da. John Lennon war der erste, der porträtiert wurde; es folgte die gesamte verblichene Crème des Musikbusiness: Johnny Cash, Chet Baker, Jimi Hendrix, Frank Zappa, Janis Joplin – die Liste ließe sich fortsetzen bis zu Jack Bruce, der Nummer 123; die 124 wird Joe Cocker, der sich derzeit in der Entstehungsphase befindet.
Oft haben diese übergroßen Porträts, deren Gesichter wie Landkarten anmuten, fotorealistische Züge und sind eingebunden in einen symbolschwangeren, autobiografischen Kontext. Das Bildnis des jung verstorbenen Curt Cobain ist von Schrotkugeln durchlöchert, er selbst hatte sich aus dem Leben geschossen. Marvin Gaye posiert vor dem Hintergrund der originalen Bildzeitungsmeldung von 1984, und dem Beatle George Harrisson stellte Ohlendorff das Relief einer buddhistische Meditationsformel aus Winsener Erde zur Seite. Mit den Porträts erzählt er ein Stück Lebensgeschichte, schafft eine gänzlich unsentimentale Form der Erinnerungskultur.
Ursprünglich, so Ohlendorff, war es ein ehernes Gesetz, ausschließlich den Toten ein Denkmal zu setzen. Doch weshalb nicht auch den Lebenden? Was posthum in Stein gemeißelt werden kann, kann ebenso gut auch ante mortem seinen Weg auf die Leinwand finden. Obwohl, wie er sagt, sein innerer PR-Berater zunächst rebellierte, entstanden ganze Porträtreihen von Rocklegends wie den Stones, von Panikrocker Udo Lindenberg oder auch Bob Dylan. „Musik und Malerei, das sind für mich kreative Geschwister“, sagt er und hört, während er einen neuen Charakter auf Leinwand oder Holz bannt, dessen Musik, die garantiert irgendwo in seinem gigantischen Fundus darauf wartet, wieder entdeckt zu werden. Das intensive Auseinandersetzen mit der Persönlichkeit, das Recherchieren in versteckten Archiven, sind unabdingbar Teil der Vorbereitung.
Nun feiert Ole Ohlendorff also Silberhochzeit, ein Vierteljahrhundert als freischaffender Künstler. Die erste Ausstellung in diesem Jahr eröffnet in der IHK Lüneburg mit der Retrospektive „Back to the roots“, auf der sowohl „Rocklegends – Still Alive“ zu sehen sein werden als auch frühe Zeichnungen und Bilder aus der „Zwischenzeit“. Zur Vernissage am 3. Februar um 19.00 Uhr sind Sie herzlich eingeladen! (nm)
Ole Ohlendorff: „Back to the roots“
Ausstellung in der IHK Lüneburg-Wolfsburg Am Sande 1, 21335 Lüneburg
Vernissage: Dienstag, 3. Februar 2015, 19.00 Uhr